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Marken mit Story

Stefan Litwin
,
19
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08
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2025

In diesem Artikel geht es ums Storytelling für kleine und mittlere Marken. Was kannst du tun, um dein Unternehmen ohne große Werbebudgets als Marke zu profilieren. Dieser Artikel gibt umfangreiche und konkrete Hilfestellungen.

Hier geht es weder ums Auto noch ums Bier. Hier geht es ums Gefühl.

Ich habe gelernt: Coca-Cola bewirbt keine Cola, Krombacher kein Bier und Jaguar kein Auto. Aber du bewirbst immer noch dein Produkt?

Auch kleine Unternehmen können große Geschichten erzählen und damit größere Budgets aus dem Feld schlagen, wenn sie die richtigen Gefühle ansprechen.

Achte einfach mal bewusst auf die nächste Werbung von Coca Cola, McDonalds oder Mini. Du wirst keine Floskeln über Geschmack, Qualität, Zutaten oder Produktionsart sehen bzw. hören. Denk mal an Nike oder an Ray Ban. Es geht nicht ums Produkt. Es geht immer um Gefühle. Um ein Lebensgefühl, um pure Emotion. Die großen Marken verkaufen uns ein Lebensgefühl. Und sie verkaufen uns diese Gefühle mit Geschichten.

Warum? Weil die Menschen keine Produkte kaufen, sondern das was die Produkte bewirken. Nämlich Gefühle. Eine Cola, die dich glücklich macht, einen Sneaker, der dir Coolness verleiht.
Was also bewirken Aussagen wie „Beste Qualität.“ oder „Service, den man suchen muss“? Nichts. Sie sind Leerfloskeln, mit denen alle agieren und die deshalb so austauschbar wie Eier sind. Ein Ei gleicht dem anderen.

Klassische Über uns Seiten gleichen sich wie ein Ei dem anderen.

Nun, große Marken haben in der Regel große Budgets um große Gefühle zu erzeugen. So kann Coca Cola seinen Weihnachtstruck auf Tour schicken und Nike mit Ronaldo atemberaubende Tricks inszenieren. All das kannst du leider nicht. Aber was du kannst: Du kannst deine Geschichte und deine Geschichten erzählen. Echte Geschichten aus dem echten Leben. Authentische Situationen, reale Szenen, wahre Menschen. Du erzählst Geschichten, die jeder in deiner Zielgruppe so oder so ähnlich schon mal erlebt hat und mit denen er sich identifizieren kann.
Du musst nur lernen, sie richtig zu erzählen. Wobei nur natürlich nicht nur ein kleines Nur ist, sondern eine echte Herausforderung.

Manche Menschen werden einfach nicht gesehen.
Manche Marken auch nicht.

Ohne Story bleibst du unsichtbar.

Die meisten Unternehmer halten den „Über uns“ Part auf Ihrer Webseite für absolut unwichtig. Liest ja doch keiner. Stimmt. Und warum? Weil dich die meisten „Über uns“ Texte so anhören: 
„Wie sind ein innovatives Familienunternehmen in der Xten Generation, das seit Jahrzehnten dies oder das mit großer Leidenschaft macht. Im Jahr Anno Schnee hat sich das Unternehmen in einer kleinen Werkstatt (Garage, Schneiderei, Scheune) gegründet und ist seitdem zu einem respektierten Marktteilnehmer mit x-Mitarbeitern und y-Lastwagen an z-Standorten gewachsen.“ Dazu gibt es dann gerne noch einen Zeitstrahl und eine Aufzählung der Meilensteine wie „Neuer Filiale in XY eröffnet“ oder „Der Junior übernimmt das Geschäft.“


Mehrwert für den Leser? Null. Es ist nichts dabei, was mich interessiert oder was ich in Erinnerung behalten könnte. Also – weg mit solchen Texten.


Hüte dich vor der Fakten-Falle. Die Aufzählung von Fakten bewirkt – nichts. Deshalb erzählen Zeitschriften oder Reportagesendungen Geschichten von einzelnen Menschen. Sie machen deren Schicksal greifbar. Sie erzählen von den Schwierigkeiten, vom Leiden, von den Siegen und den Triumphen. Und das so, dass man mitfühlen kann. Nicht mit-memorieren, sondern mitfühlen!

Die nackte Wahrheit, warum so viele kleine und mittlere Unternehmen unsichtbar blieben:

1. Die „Ist-das-langweilig!“-Falle.

Schau dir die Geschichten der Handwerker, Einzelhändler, Anwaltskanzleien etc. etc. an: Es sind immer die gleichen Argumente: Wir sind schon lange am Markt. Wir haben glückliche Kunden. Wir machen unseren Job mit großem Engagement. Deshalb sind wir die besten für dich. Das hat man schon tausend mal gelesen. Das ist laaaaaaangweiiiiilig! bis zum Abwinken.

Die meisten Webseiten sind so öde, dass man kaum die Augen aufhalten kann.

2. Die Konzentration auf Features statt auf eine Botschaft.

Da jagt dann eine Aufzählung die nächste: Wir können erstens, zweites, drittens und so weiter. ier und hier schon ausgezeichnet. Schau dir unsere tollen, hässlichen Urkunden an. Wir haben dies, wir haben das und dies und das haben wir auch noch. Und hier siehst du uns bei der Firmenfeier und in der Werkstatt. Das Dumme ist nur: das interessiert deine potenziellen Kunden einen „feuchten Dreck“. Die wollen einfach nur wissen, wie verändert sich mein Leben, wenn ich dich beauftrage. Was habe ich emotional davon? Und was verpasse ich, wenn ich die nicht beauftrage?

Über uns: Nur Bla-Bla?

3. Das „Qualitäts-Bla-Bla“

Stell’ nur mal vor, du kommst auf die Webseite einer Firma und die wirbt mit dem Slogan „Wir machen richtig schlechte Arbeit!“ Da würdest du aber sofort hellwach. Denn das hast du noch nicht gelesen. Und dann geht der Satz klein geschrieben weiter „Allerdings nur, wenn es darum geht uns selbst zu loben. Das überlassen wir lieber unseren Kunden.“ gefolgt von Kundenstimmen. In der Regel aber erwartet dich „Wir legen Wert auf höchste Qualität.“ und „Deshalb ist unsere Arbeit bis ins Detail mit Liebe gemacht.“ oder so weiter und so fort. Wenn du Pech hast, reiht sich eine Leerformel an die andere. Jeder behauptet praktisch „Wir sind die Besten.“ Neuigkeitswert? Nada!
Nehmen wir mal den Fall an, du suchst eine Autowerkstatt. Die erste Werkstatt wirbt mit dem Slogan „Wir reparieren Ihr Auto schnell und zuverlässig und sind auf dem neuesten Stand der Technik.“ Aber die zweite die hat eine ganz andere Geschichte. „Wir haben diese Autowerkstatt gegründet, weil wir als Kunden von anderen Autowerkstätten immer wieder abgezockt wurden. Deshalb führen wir jetzt unsere eigene Werkstatt und kämpfen gegen die Abzocke in unserer Branche. Wir erklären jeden Handgriff, zeigen jedes ausgewechselte Teil vor und berechnen wirklich nur die Stunden, die wir arbeiten.“

Er erzählt mit seiner Autowerkstatt ein spannende Geschichte.


Was glaubst du wohl, welche Werkstatt immer ausgebucht ist?
(Ich wünschte, ich hätte eine solche Werkstatt gefunden, denn mir gegenüber rechnen die Vertragswerkstätten jedesmal verschlissene alte Bremsscheiben ab, die ich nicht zu Gesicht bekomme. Die haben sich irgendwie immer in Luft aufgelöst.) 

Stell’ dich der Wahrheit: In Zeiten der Informationsüberflutung reicht es nicht, einfach nur da zu sein. Vor allem nicht in wettbewerbsintensiven Märkten. Du musst mit einem Unternehmen eine emotionale Verbundenheit herstellen. Und das geht am einfachsten durch ein gutes eigenes Narrativ, das mit vielen kleinen Geschichten unterfüttert wird. Und nicht durch Fakten.

Die Lösung: Die Story-Formel, die dich auf den Erfolgsweg bringt:

Konflikt 
+ Charakter 

+ Verwandlung 
= Emotional aufgeladene Marke

Klingt einfach, oder? Die besten Geschichten sind immer einfach. Aber lass’ dich warnen: Einfach ist am schwersten. Was sich so simpel anhört, ist durchaus schwierig umzusetzen.

Die Mutter aller Konflikte. Der Kampf David gegen Goliath!

Der Konflikt:
Wofür kämpfst du? Wogegen kämpfst du?
Wer ist der Gegner?

Jede gute Geschichte beginnt mit einem Konflikt. Und fast immer ist es der Konflikt zwischen Gut und Böse. Dazu kommt die Dimension.

Die besten Geschichten sind „David-gegen-Goliath“- Geschichten.
Skywalker bekämpft Darth Vader, Rocky bekämpft den amtierenden Boxweltmeister, das tapfere Schneiderlein narrt die Riesen usw.

Also frag’ dich: Wer ist dein Gegner? Ich kämpfe mit meiner kleinen Werbeagentur gegen die globalen Netzwerke, die ihre Kunden mit absolut überflüssigen Overhead-Kosten belasten und will kleinen und mittleren Unternehmen den Zugang zum Markt sowie entsprechende Sichtbarkeit verschaffen. Du bekämpft vielleicht geschmacklose Industrie-Brötchen als Bäckermeister mit echt selbst gebackenen Brötchen. Oder du bist der neue Reparatur-Service, der sich gegen den Wegwerf-Wahnsinn stemmt und Elektrogeräte zu vertretbaren Kosten repariert. Oder du hast eine Steuerberatung aufgemacht, die den bürokratischen Aufwand für ihre Kunden auf ein Minimum reduziert. Oder…oder…oder…

Ich empfehle dir: Investier 30-Minuten in den Konflikt-Test.

Der 30-Minuten-Konflikt-Test

Nimm dir diese halbe Stunde Zeit und beantworte einmal diese fünf Fragen nach bestem Wissen und Gewissen.


1. Was verärgert deine Kunden in deiner Branche am meisten? 
(Meine Kunden z.B. verärgert am meisten, dass sie bei anderen Agenturen zum Pitch den ersten Anzug präsentiert bekommen, bei der Tagesarbeit aber mit Juniorteams vorlieb nehmen müssen.)

2. Was macht dich in deiner eigenen Branche wütend?

(Mich macht in meiner Branche richtig wütend, dass so viele Schaumschläger und Nichtskönner die Branche in Verruf bringen.)


3. Welches Problem löst du für deine Kunden, das deine Mitbewerber nicht lösen können oder nicht lösen wollen?

(Hier wird es wirklich kniffelig. Wir lösen für unsere Kunden das Problem, sie als Marke zu profilieren, ohne große Werbebudgets in Anspruch zu nehmen. Das wollen und das können die anderen Agenturen nicht.)


4. Welchen Mythos deiner Branche möchtest du gern zerstören?
(Ich möchte gerne den Mythos schreddern, dass Marken nur mit Riesenetats gebaut werden können. Marke ist eine Frage der Haltung und nicht des Budgets.)


5. Was willst du in deiner Branche ganz anders machen als es immer schon gemacht wurde?

(Ich möchte zum Beispiel alle Arten von Meetings radikal verkürzen und wo möglich ganz abschaffen. Insbesondere Brainstorming Runden, die nie etwas Vernünftiges bringen.)

Deine Antworten sind dein Konflikt. Sie sind der Grund, warum dein Unternehmen existiert.

Schauen wir uns weitere mögliche Konflikte an, die für die Existenz neuer Unternehmen verantwortlich sein können.

Der Konflikt: Industriebrötchen vs. selbst gebackene Brötchen. Credo:
„Wir kneten unseren Teig noch selber, damit unsere Brötchen auch wie Brötchen schmecken.“

Der Konflikt: ITBerater vs. Branchensprech:
„Wir wollen unseren Kunden weiterhelfen statt sie maximal zu verunsichern. Deshalb verzichten wir auch Fachchinesisch und sprechen deutsch.“

Manche Menschen schwören auf Tischlerküchen.

Der Konflikt: Tischlerküchen vs. Industrieeinbauküchen.
„Jede Küche ist anders. Deshalb fertigen wir unsere Küchen einzeln und von Hand statt mit Normbauteilen zu arbeiten. Dabei verwenden wir hochwertigere Materialien und sind auch nicht teurer.“
Achtung! Du musst echte Konflikte finden und nicht irgendwelche Phantasie-Konflikte erfinden. Wenn du nicht wirklich emotional durch den Konflikt angefasst bist, dann ist es auch nicht dein Konflikt. Dann musst du weiter suchen.

Die Hauptrolle in jeder Geschichte: Der Held.

Der Held. Welcher Charakter bist du?

Jede gute Geschichte braucht einen starken Charakter, einen Helden. Der Held bist du. Also frag dich, welcher Typ von Mensch bin ich wirklich. 

Die meisten kleinen und mittleren Unternehmen machen hier einen wirklichen Kardinalfehler. Sie erzählen, was sie sind, nicht wer sie sind. Aber wenn du glaubst, du kannst dich als „Steuerberater“, „Heizungsbauer“ oder als „Designer“ charakterisieren, dann liegst du falsch. Denn Steuerberater, Heizungsbauer oder Designer gibt es wie Sand am Meer.

Ein Charakter braucht Ecken und Kanten, er braucht Merkmale, die man wieder erkennen kann und muss Dinge sagen und tun, die im Gedächtnis bleiben. So wenig wie Elon Musk oder Steve Jobs einfach irgendwelche CEOs waren, so wenig darfst du nur Steuerberater, Heizungsbauer oder Designer sein.

Von Elon Musk erzählt man sich, dass er 16 Stunden ab Tag gearbeitet hat, fanatisch seine Projekte verfolgt hat und im Zweifel auf dem Boden in seinem ersten Showroom eine Mütze Schlaf genommen hat. Er glaubte fest an seine Visionen und hat sich von nichts abbringen lassen. Von Jean Remy von Matt (eine bekannte Werbeikone) geht die Sage, dass er sich in eine fensterlose Klause zum Texten eingeschlossen hat und draußen ein Rotlicht leuchtete, weil er nicht gestört werden wollte. Er hat auch dann noch selber getextet als als er lange Geschäftsführer und Gesellschafter war. Er glaubte an die Macht guter Ideen und guter Texte. Was soll man sich für Geschichten von dir erzählen?


Eine Charakterisierung wie „Wir sind ein großes Steuerberatungsbüro mit über 50 Jahren Tradition.“ ist einfach nichtsagend und langweilig. Ein Glaubensbekenntnis und eine Charakterisierung wie „Wir sind das Gegenteil von einem normalen Steuerbüro, weil wir jeden Tag daran arbeiten, unseren Mandanten die fortschrittlichste Technologie zur Verfügung zu stellen. Wir wollen uns so weit wie möglich selber abschaffen, damit unsere Mandanten dank unseres Workflows möglichst geringe Gebühren bezahlen.“ ist dann schon ein ganz anderer Schnack. Vor allem, wenn es dann mit einem Bekenntnis zur maximalen Effizienzsteigerung verbunden wird.

Fleisch kommt von Tieren. Und die wollen artgerecht gehalten sein.

Man kann von sich behaupten eine Fleischerei mit Qualitätsanspruch zu sein. Oder man gibt ein klares Glaubensbekenntnis ab.
„Wir glauben an regionale Nähe, artgerechte Haltung und faire Preise. Fleisch ist keine Massenware, die beliebig skaliert werden kann. Deshalb verarbeiten wir ausschließlich Tiere aus der Region, die artgerecht gehalten wurden. Das hat einfach seinen Preis. Aber den ist es auch wert. Bei gibt es nur begrenzte Stückzahlen zu kaufen. Weshalb gute Produkte manchmal auch schnell ausverkauft sind. Das ist Preis, den man für besondere Qualität zahlen muss. Wir zahlen ihn gern.“

Die Markenpersönlichkeit erfragen.

Stell dir folgende 10 Fragen zur Markenpersönlichkeit. Die Antworten werden dich zu deinem Markenkonzept führen.


1. Woran glaubst du bei deiner Arbeit?
(Ich glaube an die Kraft guter Ideen. Ohne Wenn und Aber.)

2. Welchen Job würdest du für kein Geld der Welt annehmen?
 (Ich würde auf gar keinen Fall für verbohrte Ideologen arbeiten, die anderen ihre Sicht der Dinge aufzwingen wollen.)

3. Was machst du wirklich anders als andere in deiner Branche?(Ein wirklich gute Frage, auf die ich immer noch keine Antwort gefunden habe. Vielleicht bist du das erfolgreicher.)

Schon Kinder sind unheimlich stolz auf ihre Arbeit. Was ist mit dir?

4. Worauf bist du unglaublich stolz, so stolz, dass du weißt: „Genau dafür mache ich den Job.“
(Jedesmal, wenn ich eine Kampagne produziert habe, die einerseits den Betrachtern Spaß macht und andererseits auch verkauft.)

5. Was sagst du einem 12 Jahre alten Kind, wenn du deine Firma beschreiben sollst?

(Ich sage ihm zum Beispiel: Ich mache die Clips und Posts bei Instagram, TikTok und Facebook, die dich zum Lachen oder Weinen bringen und die du nicht vergisst.)

6. Welche Regel möchtest du unbedingt brechen?
(„Ohne Fleiß, keinen Preis.“ Ist mir aber noch nie gelungen, weshalb ich immer noch vom leistungslosen Einkommen nur träumen kann.)

7. Woran erkennt man deine Handschrift bzw. deine Firma, auch wenn man das Logo weglässt?
(Meine Handschrift erkennt man an den rotzigen Texten verbunden mit spektakulären Bildern. Und woran erkennt man dich?)

8. Was würde der Welt fehlen, wenn es dein Unternehmen nicht gäbe?

(Die Welt hätte in meinem Fall einfach eine gute Möglichkeit weniger, großartige Kommunikation mit kleinen Budgets zu realisieren. Speziell die kleinen und mittleren Unternehmer und Unternehmen.)



9. Welche Geschichte erzählen die Kunden über dich weiter? Und welche sollen sie weiter erzählen?

(In meinem Fall erzählen sich die Kunden gerne die Geschichte vom etwas kauzigen, bärbeißigen Werbemann weiter, der einen verdammt guten Job macht, wenn man sich auf ihn einlässt. Man liebt ihn oder man hasst ihn. Nur kalt lässt er einen nicht.)

10. Welche deiner Schwächen verwandelt sich in deine größte Stärke?
(Was z.B. mich betrifft so ist meine Maßlosigkeit meine größte Schwäche. Ich kann einfach nicht aufhören. Das wird dann zu meiner größten Stärke, weil ich auch bei der Arbeit für meine Kunden maßlos bin. Ich gehe immer die Extra-Meile. Ich kann gar nicht anders.)

Es ist verdammt zeitaufwendig und manchmal auch schwierig, diese Fragen ehrlich zu beantworten. Du wirst ganz schön ins Schwitzen kommen, wenn du diese Aufgabe ernst nimmst. Aber aus den Antworten formt sich letztlich dein Charakter bzw. der Charakter deines Helden in deiner Geschichte. Denk dran: Gerade das Unperfekte gibt deinem Charakter seinen Charme.

Noch ein kleiner Tipp: Nimm dir genug Zeit für die Fragen. Sperr das operative Geschäft aus. Lass dich nicht ablenken. Mach das Handy aus. Schreib deine Antworten nicht mit dem Computer, sondern mit der Hand. So aktivierst alle nötigen Gehirnregionen und erhältst ehrlichere Antworten.

Überarbeite das Ganze mehrfach und jedesmal sehr kritisch. Denn das ist das Fundament deiner Marke.

Hier ein paar Charakter-Beispiele aus der Praxis:

1. Josef Terhalle (Terhalle Holzbau)
Josef Terhalle hat Nachhaltigkeit schon gelebt als noch niemand das Wort buchstabieren konnte. Er hat gegen alle Widerstände das Bauen mit Holz zu seiner ausschließlichen Philosophie zu machen. Er ist ganz bewusst gegen den Strom geschwommen. Unbeirrbar. Und stur. Aber seine Sturheit wurde zu seine größten Stärke

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2. Warren Buffett (Investor)
Warren Buffets größte Schwäche war seine Schüchternheit. Er war so schüchtern, dass er sich kaum zu reden traute. Deshalb hörte er zu. Intensiv. Konzentriert. Statt große Reden zu halten, hörte er aufmerksam zu. Und durch das aufmerksame Zuhören konnte er bessere Investment-Entscheidungen treffen. Und weil er früher weniger soziale Kontakte hatte, hat er seine Entscheidungen unabhängig von anderen treffen können.


3. Richard Branson 
Richard Branson ist Legastheniker. Er hatte schnell die Überzeugung gewonnen, dass er mit Worten nicht weiterkommen würde. Also begann er in Bildern zu denken. Und – er konnte Ideen nicht großartig lesen, er musste sie einfach machen. Außerdem entwickelte er ein ungeheure Empathie für andersartige Mitarbeiter, was seine innovative Mitarbeiterführung zu einer weiteren Stärke machte.

Erzähl nicht, was du tust. Erzähle, was mit deinen Kunden geschieht, weil du es tust.

Kannst du deine Kundinnen und Kunden mit deiner Arbeit begeistern?

Normalerweise kommt ein Kunde mit einem Problem zu dir. Sie kommen mit Sorgenfalten auf der Stirn. Aber wenn du ihr Problem gelöst hast, gehen sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Genau diese Verwandlung ist ein Kernelement deiner Markenstory.
Mach wir das Ganze ein bisschen plastischer. 
Angenommen, du bist Steuerberater. Natürlich bietest du die gleichen Dienstleistungen wie viele andere Steuerberater. Aber jetzt erzählst du deine Geschichte einfach mal anders. Nämlich von der emotionalen Seite her.


Das Vorher: Ein gestresster Unternehmer hat sich in seinem eigenen Steuerchaos verstrickt bis er nicht mehr weiter weiß. Er hat schlaflose Nächte und Schweißperlen auf der Stirn.
Jetzt kommst du. Du nimmst die Zeit für seine Probleme und ihn an die Hand, um Stück für Stück sein Steuerchaos zu ordnen und zu optimieren. Was dir dank deiner Expertise gut gelingt.
Das Nachher: Dein Kunde verwandelt sich von einem gestressten, nervösen Wrack in einen entspannten, ausgeglichenen Chef, der wieder Zeit für sein eigentlich Geschäft hat.
Das ist dann deine Geschichte, die zu einem Bestandteil deiner Markenstory wird.


Dieses Storytelling-Prinzip lässt sich praktisch auf jede Berufsgruppe anwenden.


Auf die Autowerkstatt, die der unsicheren, wegen verschiedener Klappergeräusche verängstigten Autofahrerin mit ein paar Handgriffen ihre Sicherheit und ihr Selbstbewusstsein zurück.

Auf den Fitness-Trainer, der aus dem übergewichtigen Mann voller Selbstzweifel eine in sich ruhenden souveränen fitten Geschäftsmann macht.
etc.etc.

Der Customer-Journey-Story-Builder

Aus dem Vorher-Nachher Prinzip lässt sich leicht ein Story-Builder für die gesamte Customer-Journey entwickeln.


Diese Hilfe umfasst sechs Abschnitte vom Kundenprofil bis zur Formulierung der Weiterempfehlung. Sobald es sorgfältig ausgefüllt wird, kannst du daraus entweder selber eine Story entwickeln oder lässt die KI eine Story bauen, die du anschließend überarbeitest und optimierst.

Bau dir das Formblatt in deinem Design nach und füll es aus.
Die Entwicklung der Story erfolgt in diesen Schritten.



Schritt 1

Beschreibe den emotionalen Zustand vor der Problemlösung (Frustration, Stress, Verzweiflung)

Schritt 2

Dokumentiere die Reise. Was ist bei dir passiert? Wie bist du das Problem angegangen? Was waren die konkreten Lösungsansätze?

Schritt 3

Erkläre den emotionalen Zustand deiner Kundin oder deines Kunden nach der Problemlösung. Wie hat sich der Zustand verändert (Erleichterung, Entspannung, neuen Mut schöpfen)?

Schritt 4

Wenn es geht, ergänze das Ganze noch durch einen unerwarteten Benefit, einen Überraschungsmoment. 



Schritt 5

Lass dir die erste Version deiner Story von der KI automatisch erstellen, um sie dann in deinen Worten zu überarbeiten. 



Schritt 6

Fass die Story in einem kurzen Abschnitt von maximal 50 Worten zusammen für den Einsatz in Social Media und Teasern.

Die konkrete Umsetzung: Die Vier-Säulen-Brandbuilding-Strategie

Okay, jetzt haben wir eine Story. Nun müssen wir unsere Story aber noch unters Volk bringen. Eine Geschichte, der niemand zuhört, bleibt wirkungslos. Wie bringen wir unsere Story an den Mann oder die Frau, ohne gleich Millionen für die Verbreitung locker zu machen?

Du musst dich präsentieren. So leid mir das tut.

Die erste Säule: Gesicht zeigen!

Du darfst dich nicht hinter irgendwelchen Stockfotos oder Kunstfiguren verstecken. Du musst dich als Unternehmer zeigen. Das hat mit Narzissmus oder Eitelkeit nichts zu tun. Menschen interessieren sich für Menschen. Menschen kaufen von Menschen. Je menschlicher du bist und je näher dir deine Kunden kommen können, desto authentischer wird deine Marke. So baust du Vertrauen auf. Also investiere in deine persönliche Ausstrahlung. Gönn dir gute Fotos. Mach authentische Videos von dir. Stell dich als Unternehmer aus. Selbst so Riesenunternehmen wie Apple, Tesla oder Nike wurden am Anfang von charismatischen Unternehmer-Figuren wie Steve Jobs, Elon Musk oder Phil Knight aufgebaut. Personalisierung macht die Kommunikation effektiver.
Gesicht zeigen ist allerdings mehr als nur dein Gesicht zu zeigen. Du musst erklären, warum du dein Unternehmen gegründet hast. Nein, Geld verdienen allein, genügt eben nicht als Reason Why.

Die Gründungsstory.

Erzähl den Menschen immer wieder, warum dein Unternehmen auf dem Markt ist, was deine ganz persönliche Mission dabei ist und was sie von deinem Unternehmen haben. Geschichten wie „Warum ich als Ingenieur eine Bäckerei aufgemacht habe. (Weil ich ich genug von den ganzen industriebrötchen hatte).“ Oder „Weshalb ich nach 40 Jahren erfolgreicher Werbeagentur immer noch leidenschaftlich gerne selber texte.“ Oder „Warum ich nach 30 Jahren als Top-Manager in der Industrie jetzt ein erfolgreiches Weingut leite.“ Erklären Sie das einmal pro Woche. Und erklären Sie es am besten mit ganz einfachen  authentischen Handy-Videos. Die Clips sollen nicht technisch brillieren, sondern durch ihre Schlichtheit und Authentizität überzeugen. Die Kunst dabei: die gleiche Geschichte aus den verschiedensten Perspektiven zu beleuchten und immer wieder ein anderes Detail zu finden, so dass du nicht langweilst.

Ein typisches Script für ein Gründungsvideo sieht ungefähr so aus:

"Hallo, ich bin [Name] und mache [Tätigkeit]


Warum mache ich nun das, was mache und nicht irgendwas anderes?


Lassen Sie mich als Antwort eine kleine Geschichte erzählen. Sie begann vor x Jahren.
[Deine persönliche Gründunggeschichte in 30-45 Sekunden]

Genau deshalb stehe ich jeden Morgen auf und arbeite manchmal bis spät in die Nacht.


Wenn Sie meine Geschichte anspricht, dann lassen Sie uns doch einfach mal direkt miteinander sprechen.“

Praktische Tipps für deine ersten Handy-Videos:
  • Mach dein Video bei Tageslicht (Morgenlicht ist klasse).
  • Stell dich ans Fenster, dann kannst du dir die künstliche Beleuchtung sparen.
  • Halt dein Smartphone Micro nah an deinen Mund, also geh nah an dein Gesicht ran. Dann hast du weniger Hall und ein impactstarkes Bild.
Mach dein Video bei Tageslicht am Fester. Auch wenn du keine Skyline hast.
  • Halte es möglichst zwischen 60 und 90 Sekunden Länge für Imagebotschaften bzw. zwischen drei bis fünf Minuten, wenn ein erklärungsbedürftiges Produkt erklärst.
  • Einmal pro Woche ein authentisches Handy-Video als nur einmal im Monat einen technisch perfekten Hochglanz-Clip.

Die zweite Säule: Mach’ deine Kunden zu Helden.

Deine Kunden sind die Helden deiner Geschichten. Sie sind die Hauptdarsteller. Gib ihnen genug Raum. Zeig’ wie wichtig sie dir sind und dass du ihre Bedürfnisse ernst nimmst. Degradiere deine Kunden nicht zu Statisten. Das mögen sie nicht. j
Erzähle deshalb die Geschichten aus der Perspektive deiner Kunden. Es reicht eben nicht, einfach zu schreiben „Der Kunden Max Mustermann war hoch zufrieden mit unserem Service.“ Das ist langweilig und eben keine Geschichte. Eine Geschichte wird daraus, wenn du z.B. schreibst „Der Kunde Max Mustermann hatte eine geniale Idee. Aber weil er einfach niemanden fand, der die Idee in ein marktfähiges Produkt umsetzen konnte, wollte seine Idee schon wieder in die Tonne treten. Bis er auf uns stieß. Wir konnten seine Ideen in ein Produkt verwandeln, was durch die Decke ging. Hier ist seine ganze Geschichte.“

Du hast zufriedene Kunden. Lass sie für dich sprechen.
Aktiviere deine Kunden für deine Marke.

Sprich sie an. Bitte sie dir, ihre Geschichte zu erzählen. Am besten direkt per Videokamera in dein Handy.


Falls du begeisterte Kunden hast, nutze diese Begeisterung. Fang sie mit deinem Handy ein. Nichts ist so wirkungsvoll wie ein kurzes Video-Testimonial, beiläufig ins Smartphone gesprochen. 

Mach’ vor deiner Arbeit ein schnelles Foto. Und wenn du fertig bist, vergiss nicht ebenfalls auf den Auslöser zu drücken. Und fertig ist deine Vorher-Nachher-Geschichte. Ideal bei Renovierungsarbeiten, Reparaturen, Frisuren etc. etc.


Wenn du dich traust, kannst du deine Kunden auch im Rahmen einer Kundenumfrage bitten, ein paar Fragen zu beantworten, so dass du deinen Service noch weiter verbessern kannst.

Der Story-Fragebogen und ein paar exemplarische Fragen:

  • Wie lief dein Geschäft, bevor du zu uns kamst?
  • Was war der Moment, an dem du gemerkt hast: „Die sind wirklich anders"?
  • Wie läuft dein Geschäft, nachdem du zu uns gekommen bist?
  • Was würdest du jemandem sagen, der sich überlegt zu uns zu kommen?
  • Welche eine Sache hat dich am meisten bei uns überrascht?

Wenn du Antworten bekommen hast, lass sie nicht in der Schublade verschimmeln. Nutze sie so schnell wie möglich. Das kannst du u.a. damit machen:

  • Aus den den Testimonials kannst Zitate für Social Media Posts herauslösen.
  • Die kompletten Zitate gibst du auf deine Webseite wieder oder plazierst sie als Videos auf deiner Webseite und in deinem YouTube-Channel.
  • Besondere Erfolgsgeschichten verarbeitest du als Case Studies für Newsletter und deinen Blog.
  • Die Case Studies teaserst du wiederum durch Social Media Posts oder Content Ads an.
  • Und last not least sind die Referenz-Stories perfekter Input für Verkaufsgespräche deiner Vertriebsmitarbeiter.

Hol‘ dir deine Kunden an deinen Arbeitsplatz. Mit Behind-the-Scenes-Videos.
Die dritte Säule: Gestatte deinen Kunden Einblick in deinen Alltag.

Der Mensch ist wie er ist. Und er ist vor allem neugierig. Deshalb lieben die Menschen, es hinter die Kulissen zu sehen und mal einen Blick durchs Schlüsselloch zu werfen. Dadurch fühlen sie sich dir näher und du kannst ihnen zeigen, mit wie viel Herzblut und Mühe du deine Kunden bedienst.
Da wäre das Format „Ein Tag im…“, das man hervorragend umsetzen kann. Eignet sich natürlich ganz besonders gut für Recruiting-Kampagnen. Beispiele wären

  • Ein Tag im Steuerbüro.
  • Ein Tag in der Autowerkstatt.
  • Ein Tag im Designbüro
  • etc. etc.

Du zeigst da,

  • mit wem du arbeitest.
  • wie du arbeitest.
  • warum du so arbeitest, wie du arbeitest.
  • was deine Arbeit so anspruchsvoll macht.
  • was toll gelaufen ist.
  • was schief gelaufen ist.
  • welche Probleme auftreten können.

Es ist extrem wichtig, dass du ehrlich bist. Spiel nicht den Perfekten. Das ist Werbung. Und Werbung glaubt sowieso keiner. Mach die Videos interessant durch Fehler und Lernmomente, durch Lustiges, Menschliches und Allzumenschliches.

Behind-the-Scenes-Content-Ideen
  • Für Designer:
„Wie wir uns bei einer Logo-Entwicklung erst in eine Sackgasse rein- und dann wie rausmanövriert haben.“
  • Für eine Filmproduktion: 
„Wie wir einen Film, der 500.000 € kosten sollten, schließlich für 50.000 € realisiert haben.“
  • Für einen Malerfachbetrieb: 
„Warum wir nach 35 Jahren Berufserfahrung unsere Wände jetzt vollkommen anders streichen.“

Am besten machst du den Authentizitäts-Test: Wenn du dich so richtig unwohl dabei fühlst, einen echten Einblick in deine Arbeit zu geben, dann ist das wahrscheinlich genau der richtige Content. Dann gewährst du wirklich Einblicke in deinen Alltag.

Die vierte Säule: All Business is Local.

Du bist kein Konzern. Du hast keine internationale Marke, die die von Rio bis Tokio gekauft wird. Du arbeitest lokal, regional oder deutschlandweit in deiner Nische. Vielleicht bist international aber in eine sehr kleinen Nische. In jedem Fall bist du Teil einer Community. Das musst du für dich nutzen.

Als lokaler Geschäftmann musst du dich am Ort vernetzen.
Der gute Nachbar. Das Nachbarschafts-Narrativ.

Du unterstützt lokale Vereine. Du arbeitest mit anderen Unternehmen vor Ort eng zusammen. Du liebst dein Dorf, deine Stadt, deine Region. Und du unterstützt sie nach Kräften. Erzähl Geschichten von der Verbundenheit mit deiner Heimatregion. Mach’ die lokalen Themen zu deinen Themen. Nutz’ die lokalen Aufreger als Aufhänger für deine Posts. Das stärkt das Engagement und sorgt für die Verbreitung in deiner Zielregion.


Setz dich für den lokalen Bahnanschluss ein, unterstütze die Naturschützer vor Ort, bring dich ins Vereinsleben ein – vom lokalen Schützenbund bis zur Aktion „Unser Dorf soll schöner werden.“ Du bist dabei und der Name deines Unternehmens wird so bekannter.
Wenn du den lokalen Kindergarten, Fußballverein oder Spielplatz unterstützt, dann mach nicht nur eine kurze Notiz auf der Webseite, sondern dreh kleine Videos und bring die ganze Sache zum Leben. Die Menschen wollen auch hier kleine Geschichten hören. Also fang mit dem Erzählen an.

Du unterstützt den lokalen Fußballverein. Er kann es brauchen.


Und nutze das große Thema Tradition. Erzähl die Geschichte deines Standortes, deiner Straße, des Hauses, in dem dein Büro untergebracht ist etc. etc.

Fazit: Storytelling ermöglicht es auch kleinen und mittleren Unternehmen innerhalb ihrer Zielgruppen ihre Marke aufzubauen, auszubauen und zu profilieren. Und das ohne große Budgets. Aber mit großer Arbeitsanstrengung. Du bezahlst immer. Entweder mit barem Geld oder mit deiner Zeit und deinem Engagement.  Wer dazu nicht bereit ist, kann gleich die Finger vom Markenaufbau lassen. Marken brauchen Liebe.

Über den Autor: Stefan Litwin hat selber einige Marken aus der Taufe gehoben und sie auf ihrem Erfolgsweg begleitet. Auf seinem Jahrzehnte langen Berufsweg hat er große Budgets krachend scheitern sehen und kleine Unternehmen großartige Marken aufbauen sehen. Dabei hat er viele, viele Gespräche mit kleinen und großen Unternehmen bzw. Unternehmern geführt. Diese und seine umfangreichen eigenen Erfahrungen sind in diesen Blogartikel eingeflossen..